Dr. Mansour Neubauer Was ist Einfache Sprache? Einfache Sprache ist ein Konzept der sprachsensiblen Kommunikation. Ziel der Einfachen Sprache ist es, aus dem komplexen Fachdeutsch gut verständliches Deutsch zu machen. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die Rezipienten, also die fachlichen und sprachlichen Kompetenzen der jeweiligen Zielgruppe. In der Praxis analysieren die Experten der Einfachen Sprache den mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch, identifizieren die möglichen Stolpersteine und filtern sie heraus. Die Inhalte bleiben dabei die gleichen. Sie werden aber sprachlich so neu verpackt, dass die Zielgruppe die Inhalte ohne Mühe wieder entpacken kann, das heißt, lesen/ sehen/ hören, verstehen und anwenden: Ein Beispiel aus der Praxis: Wir nehmen an, Sie arbeiten zusammen mit Zugewanderten. Sie wollen einer jungen Syrerin sagen, dass die Antwort der Behörde in Kürze kommt. Die Syrerin, die gerade einen Deutschkurs besucht, weiß, was „Antwort“ und „Behörde“ bedeuten. Sie signalisiert aber, dass sie „in Kürze“ nicht versteht. Wie könnten Sie den Ausdruck „in Kürze“, der für die junge Frau eine sprachliche Hürde darstellt, umgehen? Welche Alternativen mit gleicher Bedeutung kommen Ihnen in den Sinn? Sie haben mindestens fünf Alternativen für „in Kürze“; zum Beispiel: „demnächst“, „bald“, „in absehbarer Zeit“, „in Bälde“ und so weiter. Diese Alternativen lassen sich – was die Schwierigkeitsgrade für die junge Syrerin angeht – in eine Art Sprach-Ampel einordnen: Das Ampelprinzip von Dr. Neubauer: Das Ampelprinzip funktioniert nicht nur mit einzelnen Wörtern. Sprachliche Hürden lassen sich auf allen Ebenen der Sprache feststellen: Phonetik (Lautlehre), Morphologie (Struktur von Wörtern), Syntax (Grammatik und Satzstruktur), Semantik (Bedeutung von Zeichen und Wörtern) sowie Pragmatik (sprachliches Handeln). Das Ampelprinzip, das ich in enger Zusammenarbeit mit den Zielgruppen weiterentwickle, lässt sich auf alle genannten Ebenen der Sprache übertragen. Die Aufgabe der Einfachen Sprache ist es, die sprachlichen Hürden jeder Ebene in Bezug zu bestimmten Zielgruppen zu identifizieren und Wege zu zeigen, wie wir die Hürden vermeiden können. Mit Hilfe dieses Konzeptes können Sie alle möglichen sprachlichen Stolpersteine der deutschen Sprache identifizieren und vermeiden. Das Konzept unterscheidet dabei zwischen Grundregeln und Zusatzregeln der Einfachen Sprache. Während die Grundregeln für alle Zielgruppen der Einfachen Sprache gedacht sind, helfen die Zusatzregeln in bestimmten Kontexten und Zielgruppen weiter. Für jede Grund- und Zusatzregel liefert das Konzept eine wissenschaftliche Begründung, Beispiele aus der Praxis, Tipps für die Praxis und zahlreiche Übungen zum Selbstlernen. Die Grundregeln der Einfachen Sprache funktionieren gut.. Vorausgesetzt Sie bleiben stets Einfache Sprache - ZielgruppenDie größte Zielgruppe der Einfachen Sprache ist die breite Bevölkerung – die „Nicht-Fachleute“, denen Fachinhalte verständlich und ansprechend vermittelt werden sollen. Das Konzept zeigt starke positive Wirkung auch in der Arbeit mit Zugewanderten, Touristen, Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Leseschwierigkeiten sowie in den Bereichen Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und Deutsch als Fremdsprache (DaF). Der Artikel ist ein Auszug aus der Handreichung „Einfache Sprache in der Praxis“. Sie können die Handreichung kostenlos auf www.einfache-sprache.com herunterladen.
Zuletzt aktualisiert am 09.09.2020
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AutorDr. Mansour Neubauer ist ein syrisch-deutscher Autor, Sprachwissenschaftler und Referent für Einfache Sprache ArchivKategorien |
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